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Das Jahr 00

Die Daten und die Daten
Ungefähr 42 (!) Monate trennen uns noch vom "heiligen Jahr", dem 2000ten Jahrestag dessen, daß "ein Mann an einen Baumstamm genagelt wurde, weil er gesagt hatte, wie phantastisch es doch wäre, wenn die Leute zur Abwechslung mal nett zu einander wären".

Die Chancen stehen ganz gut, daß aus diesem Anlaß mal wieder ein paar Leute an Baumstämme genagelt werden, oder zumindest anderweitigen physischen Schaden nehmen. Dies dürfte nämlich die unweigerlich Folge davon sein, daß es für einige tausend Softwareprojekte auf diesem Planeten eine Deadline gibt, die nicht von irgend einem Vertriebsheinz oder Marketingfuzzi festgelegt wurde, sondern von den fernen Vorgängern der jetzigen Akkordprogrammierer unausweichlich und letztgültig festgecoded wurde.

Die Rede ist vom Jahr-2000-Problem, auch wunderschön neuenglisch "the millenium bug" genannt. Da niemand in der schnellebigen Softwarewelt an das übermorgen denkt und es sich mit kleinen Variablen sowieso viel schöner programmieren läßt, ist ein ziemlich großer Teil der Software, die noch auf den Groß- und Kleinrechnern der Welt nur mit einer zweistelligen Repräsentation für die Jahreszahl ausgestattet. Den Spaß, zu dem das führt, wenn die auf Jahreszahl auf 00 sprigt, haben heute schon die Leute, die über 100 Jahre alt sind. Die bekommen dann Musterungsbescheide, Kindergeld, Kontokündigungen etc. Was bei Bankrechnern passiert, die plötzlich Zinsen für negative Jahreszahlen berechnen sollen, ist nicht so ganz klar. (jetziges Datum minus Einzahlungsdatum = Anzahl der zu verzinsenden Tage, 00 - 92 = -92 oder +92, wenn vorzeichenlose Integer verwendet wurden)

Selbst wenn es allen Banken gelingen sollte, ihre Software rechtzeitig umzustellen oder ihre assemblerprogrammierten BS2000 Schrankwände auf den Schrott zu fahren, bleibt noch das Problem mit den Kunden,

Wenn die zur Überzeugung gelangen, daß da doch noch ein Risiko besteht, gibt es im Dezember 1999 ein kleines Problem mit dem Bargeldnachschub. Die wirklichen Zocker lassen natürlich noch was auf ihrem Konto, es könnte sich ja auch ein deutlich höherer Betrag einfinden. Die Information, welche Bank welchen Compiler verwendet hat, wird sozusagen bares Geld wert.

Vorbeugen könnten die Banken nur, wenn sie ihren Kunden Einblick in ihre EDV geben würden, damit die sich selbst von der Qualität der eingesetzten Software überzeugen, Dies würde allerdings eine vollständig neue Dimension im vielbeschworenen Vertrauensverhältnis Bank-Kunde bedeuten.

Letzenendes handelt sich dabei nur um die logische Weiterführung des Datenschutzgedankens. Die Forderung nach einem solchen Einblick wird im Zweifel von allen derartigen Institutionen brüsk zurückgewiesen. Schließlich könnten sich ja dabei auch Einblicke in die (obskuren) Sicherheitsmechanismen ergeben und das Vertrauen endgültig entsorgt werden,

frank@ccc.de

 

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